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Empathie ist Zauberei!

Geschrieben von Oliver Borgmann am .

Und hier erfährst du die geheime Formel für den Zaubertrank.

Die gute Nachricht vorweg – wir sind als Kind ALLE in den Zaubertrank gefallen. Wir haben diese Superkraft und können sie auch nicht verlieren. Aber wir können sie verlernen. Es geht also darum, sich zu erinnern. Deswegen gibt es heute…

… Futter für deinen Verstand! Ich möchte Empathie verständlich erklären. Denn für das Gelingen von Empathie ist viel notwendig – und ein Aspekt davon ist, wirklich zu verstehen, WAS da passiert, wenn man „empathisch“ reagiert. Was mache ich genau? Wie ist der Prozess und was sind notwendige Voraussetzungen. In diesem Beitrag erfährst du es. So viel vorweg – es ist keine unlernbare Zauberei! (Was nicht heißt, dass es einfach ist.)

Okay – zum Thema. Was sind die drei Kernaspekte von Empathie?

– Perspektivübernahme

– Mitfühlen

– Verbalisieren

So weit – so einfach. Aber was heißt das genau, welche Voraussetzungen sind notwendig und welche Herausforderungen behindern das Gelingen der Magie? Los geht’s.

1. Aspekt: Perspektivübernahme

Perspektivübernahme ist ein kognitiver Prozess. Ich versetze mich gedanklich in die Situation der anderen Person – ich versuche zu verstehen wie die Situation aus ihrer Perspektive beschaffen ist. Wie die Welt aus ihren Augen aussieht. Das finde ich interessant, denn Empathie wird oft als etwas rein Emotionales angesehen. Am Anfang steht jedoch genau dieser kognitive Prozess.

Die Perspektive eines anderen übernehmen zu können, lernen wir als Kind in einer sehr besonderen Phase – der Autonomie-Phase. Eltern kennen diese Zeit sehr gut – es ist die Zeit, in der Kinder ein Nein nur schwer akzeptieren können. Diese Phase ist aber essenziell für Empathie, weil Kinder in dieser Phase überhaupt erst merken, dass die Meinung der Eltern von ihrer eigenen abweichen kann. Vorher gab es da keinen Unterschied – alles war eins. Das ist eine krasse Änderung der Realität, die zu entsprechend heftigen Reaktionen führt. (Für alle Eltern, vielleicht macht es euch das leichter, Verständnis für euer Kind aufzubringen :-))

Diese Unterscheidung, dass andere Menschen getrennt sind und etwas anderes wollen können als ich, ist Voraussetzung für die Perspektivübernahme – denn dafür muss ich ja den anderen als jemand anderen erkennen können.

Gut – die Zeit deiner Autonomiephase ist vorbei, die biologischen Grundlagen sind gesetzt, jetzt braucht es für die Perspektivübernahme als Erwachsener noch eine wichtige Voraussetzung, die leichter gesagt ist als getan.

Voraussetzung: Zuhören (und warum das so schwer ist)

Jetzt werden die meisten natürlich sagen – ich höre ja zu, wenn jemand spricht. Und in der Regel tun wir das auch. Aber! Während wir zuhören, fängt unser Gehirn schon an zu analysieren, zu bewerten, eigene Gedanken zu produzieren und nach Lösungen zu suchen. Es tut eben das, wozu wir es unser ganzes Leben lang nutzen: Probleme lösen. Zuhören ist aber das Gegenteil von „Probleme lösen“ – es ist – Probleme erst mal so sein lassen, wie sie sind. Das ist der erste wichtige Schritt: Zuhören, nicht bewerten und mich selbst kognitiv in die Situation meines Gegenübers hinein versetzen. Zu verstehen, in welcher Situation es sich befindet, wie die Realität meines Gegenübers gerade aussieht. Dazu ist es notwendig, dass ich meine eigenen Gedanken und Bewertungen als solche wahrnehme, sie also von der Realität der anderen Person differenziere und sie für mich behalte. Diesen Zustand des wertungsfreien Zuhören kann man auch als „Präsenz“ beschreiben. Präsenz ist die Reinform des Zuhörens.

2. Aspekt: Mitfühlen

Wenn ich verstanden habe, in welcher Situation sich die andere Person gerade befindet (und den Gedanken weglassen kann, wie es mir vielleicht in der Situation gehen würde) – dann kann ich empfinden, wie es der anderen Person möglicherweise geht. Natürlich weiß ich das nicht – aber das ist auch nicht notwendig. Dieser Schritt ist nicht kognitiv, er ist emotional. Ich versuche zu fühlen, was die andere Person gerade fühlt. Dazu sind wir als menschliche Wesen ziemlich gut in der Lage – wenn wir präsent sind können wir sehr genau einschätzen, wie sich jemand gerade fühlt. Das heißt nicht, dass sich jede:r Mensch mitfühlend verhält – denn hier kommt die größte Herausforderung:

Voraussetzung: Fühlen

Wir lernen in unserer Gesellschaft keinen hilfreichen Umgang mit unseren unangenehmen Gefühlen. In der Regel lernen wir nur einen Umgang: Unterdrücken & Verdrängen. Berühmte Sätze, die wir alle kennen sind: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „Stell dich nicht so an“, „Hör auf zu weinen“, „Es ist doch nichts passiert“. Alle diese Sätze leugnen die Realität, dass man gerade Schmerz empfindet, weil man gerade körperlich oder emotional verletzt ist. Sie sind also nicht empatisch – sondern bewertend.

Und ich sage mal so – wir haben in unserem Leben viel Unangenehmes erlebt, das wir nicht zulassen konnten oder durften. Wenn wir jetzt mit einer anderen Person Mitfühlen sollen, müssen wir mit unseren eigenen auftauchenden Gefühlen umgehen. Wenn die Gefahr besteht, dass ich von meinen eigenen Gefühlen überflutet werde, kann ich nicht mitfühlend sein.

Ziel ist es, seine eigenen Gefühle – wie die Gedanken auch – wahrnehmen und für sich behalten zu können. Zum einen brauche ich dafür einen hilfreicheren Umgang mit meinen eigenen Gefühlen und möglicherweise auch ein Aufarbeiten von unangenehmen Situationen meiner Vergangenheit. Falls du nach dem kognitiven Verstehen merkst, „Ich kann mich da einfach nicht einfühlen“ – kann das ein Hinweis auf eine unaufgearbeitete Situation deiner Vergangenheit sein. Einen Umstand den ich unter dem passenden Begriff „Empathie-Lücke“ kennengelernt habt.

Nein – wir müssen nicht immer in unserer Vergangenheit wühlen, um empathisch zu sein, es kann auch einfach sein, dass deine eigenen Bedürfnisse gerade nicht erfüllt sind und du dich zuerst um dich kümmern solltest bevor du dich um jemand anderen kümmerst. Das ist ehrlich gesagt ein sehr häufiger Grund – vor allem, wenn wir in einem Konflikt empatisch sein wollen, an dem wir selbst beteiligt sind.

3. Aspekt: Verbalisieren

Das Benennen von Gefühlen und Bedürfnissen ist ein spezifischer Bestandteil der Empathie, wie sie im Konzept der Gewaltfreien Kommunikation verstanden wird. Grundsätzlich könnte aber nach den ersten beiden Schritten auch einfach eine Umarmung hilfreich sein oder schweigend und präsent mit der anderen Person anwesend zu sein. Und ja – es können auch Lösungsvorschläge hilfreich sein. Wichtig ist – mein Gegenüber zu fragen, ob es sich gerade dies oder das wünscht. Und es ist sinnvoll mein Hilfsangebots-Repertoire um den Punkt „Verbalisieren ohne etwas lösen zu wollen“ zu erweitern, vor allem dann, wenn mein Gegenüber gerade gar nicht weiß, was es braucht.

Verbalisieren meint, auszusprechen, wie sich die andere Person gerade fühlt und was ihr am Herzen liegt. Also, was ihr Bedürfnis ist, was ihr wichtig ist, was sie sich in der Situation gewünscht hätte – denn durch die GFK wissen wir – das ist die Ursache für das unangenehme Gefühl.

Hier gibt es gleich mehrere Herausforderungen und Voraussetzungen.

Voraussetzungen: Gefühlsvokabular, Gefühle aushalten und Mut sich zu irren

Wenn ich es geschafft habe, mit der anderen Person mit zu fühlen, stehe ich möglicherweise vor der Herausforderung, dieses Gefühl in Worte zu fassen. Ich brauche ein Vokabular, welches ich nicht gelernt habe (warum nicht – siehe Schritt 2 – was ich nicht fühle, muss ich auch nicht ausdrücken können ;-)). Gleiches gilt für das, was mir am Herzen liegt und was für alle Menschen universell ist – unsere Bedürfnisse. Hier findest du übrigens unsere Gefühls- und Bedürfnis-Vokabel-Lern-Liste.

Ein Aspekt, der eng mit dem zweiten Aspekt „Fühlen“ verwoben ist, aber einen etwas anderen Fokus hat. Damit ich einfach nur reflektieren kann, wie sich die andere Person gerade fühlt, muss ich es (aus)halten können, dass sie sich so fühlt. Dafür ist es notwendig, dass ich mich nicht für das Gefühl der anderen Person verantwortlich fühle. Das Thema wäre ein eigener Beitrag, daher gehe ich hier jetzt nicht genauer drauf ein. Nur so viel: Wenn ich das Gefühl der anderen Person ändern möchte, bin ich nicht präsent – dann verfolge ich mein eigenes Ziel.

Die Voraussetzung, mit der ich am häufigsten in diesem Schritt konfrontiert werde, ist dieser Gedanke: „Was, wenn ich mich irre? Ich weiß ja nicht, wie sich die andere Person fühlt oder was sie braucht.“ Es ist die Angst, etwas falsches zu sagen in einer Situation die ohnehin oft ungewohnt ist und uns aus unserer Komfortzone bringt. Zwei Gedanken dazu: Zum Einen kannst du ohnehin nur daneben liegen, denn Gefühle und Bedürfnisse mit Worten zu beschreiben ist immer nur eine Annäherung und nie 100%ig richtig. Zum anderen geht es nicht um „das richtige Gefühl“ oder „das richtige Bedürfnis“ – es geht einzig und allein um das aufrichtige Interesse, verstehen zu wollen, wie sich die andere Person gerade fühlt. Und wenn ich meine empathische Vermutung als Frage formuliere und echtes Interesse habe – also zuhöre und präsent bin – wird die andere Person das auch wahrnehmen.

Was sind deine Erfahrungen mit Empathie? Hilft dir diese Erklärung? Hab ich was Wichtiges vergessen? Ich freue mich über deinen Kommentar.

Oliver

P.S.: Falls du deine Empathie-Fähigkeiten vertiefen möchtest, besuch‘ doch eines unserer wunderbaren Seminare. Im November gibt es mit mir einen Vertiefungs-Tag zum Thema Empathie & Bitten, oder du kommst in unseren GFK-Club – im“Alls-Stars-August“ ist sicher auch was zum Thema Empathie dabei. Wenn du noch keine praktische Erfahrung mit GFK hast, kannst du in Präsenz in Frankfurt oder Online in 3 Abenden mit uns in die GFK einsteigen.

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