Was bedeutet es eigentlich, „GFK anzuwenden“?
Da ich häufig gefragt werde, wie denn die GFK in bestimmten Situationen „anzuwenden“ ist, möchte ich hier einmal ausführlich darstellen, was ich unter „GFK anwenden“ verstehe.
Lass mich damit beginnen, zu erklären, was GFK NICHT ist:
– Es ist NICHT zwangsläufig das Sprechen und Kommunizieren mit anderen Menschen.
– Es ist ganz sicher NICHT das Sprechen in einem „Vier-Schritte-Format“.
– Es ist NICHT das Unterdrücken von Ärger und anderen Emotionen.
– Es ist NICHT nett und freundlich zu sein.
– Es ist NICHT immer empathisch und verständnisvoll zu sein.
Was ist es dann?
Eine Formulierung, die ich mag, ist: Es ist eine Praxis, die es dir ermöglicht, von einem Zustand der „unbewussten Reaktion“ zu einem Zustand der „bewussten Antwort“ zu kommen. (Danke an Gregg Kendrick, der es so formuliert hat: „from unconscious reaction to conscious response“)
Antwort auf was? Auf JEDE Lebenssituation!
Es ist eine Praxis, die dir hilft, dich mit dir selbst zu verbinden und an einen Ort der Verantwortung (die Fähigkeit zu antworten), des Bewusstseins, der Empathie und der Wahl zu gelangen, sodass du in der Lage bist, AUTONOM eine Antwort zu wählen, die im Einklang mit deinen WERTEN, deinem aktuellen Zustand und deinen BEDÜRFNISSEN steht und möglicherweise den Bedürfnissen derjenigen, die von deinen Handlungen betroffen sein könnten.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Stell dir eine beliebige, herausfordernde Situation vor, der du begegnen könntest. Das KÖNNTE in der Kommunikation mit anderen Menschen sein, es kann aber auch nur mit dir selbst geschehen. Andere Menschen sind NICHT erforderlich, um bewusst zu handeln, und somit auch nicht, um die GFK „anzuwenden“.
Führe die folgenden Schritte, wenn notwendig, mehrfach durch:
– Pausiere
– Verlangsame
– Atme
– FÜHLE – (nicht „denken“, sondern deine Emotionen im Körper fühlen)
– Wiederhole die obigen Schritte so lange wie nötig.
Werde dir nun deiner „Geschichte“ bewusst, also all dem, was du dir vielleicht selbst über die Situation erzählst. Besonders relevant und problematisch sind Geschichten und Urteile über dich selbst und/oder andere Menschen.
Erkenne und akzeptiere: Das sind nur deine GESCHICHTEN. Sie sind NICHT die Realität, du bist NICHT „im Recht“ mit deinen Urteilen und Geschichten. Sie existieren nur in deinem Kopf. Dies ist einer der schwierigsten Schritte, mit oder ohne GFK. Es reicht auch nicht, kurz eine korrekte „GFK Beobachtung“ zu formulieren, oder dir zu sagen: „Jaja, das sind alles Bewertungen.“ Selbst wenn du dies tust, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du trotz allem immer noch deine Geschichten glaubst.
Werde dir deines aktuellen, relevanten, universellen BEDÜRFNISSES bewusst.
Das ist wesentlich! Es ist vor allem ein Prozess des Spürens und Fühlens. Deine Gefühle weisen den Weg. Es braucht Zeit und Übung, um wirklich in deine Bedürfnisse hineinzuspüren. Nur eine Liste von Wörtern ist nicht genug. Fühle die lebendige Qualität deines Bedürfnisses. Fühle es in seiner Fülle und Schönheit. Dies ist ein energetischer, lebendiger, körperlicher und geistiger Prozess. Nochmal: Ein Wort aus einer Liste wählen, ist absolut nicht genug! Wenn dich der Kontakt mit dem Bedürfnis nicht tief berührt, idealerweise Tränen kommen, dann hast du noch keinen Kontakt.
Wenn andere Menschen involviert sind: Spüre auch in deren Gefühle und Bedürfnisse hinein: Wie könnten sie sich in dieser Situation fühlen? Was könnten sie brauchen? Stelle sicher, dass du auch neugierig und offen für ihre Bedürfnisse bist.
Und jetzt ein elementarer Schritt, der meistens fehlt:
BEVOR du etwas tust oder sagst: Mach dir deine Absicht, deine Intention, klar! Was ist der gewünschte Effekt, den du mit deiner nächsten Handlung erreichen möchtest? Dies ist nicht unbedingt NUR das Erfüllen des identifizierten Bedürfnisses.
Dies ist eines der größten Missverständnisse und Hindernisse in der Praxis der GFK: Wir glauben, sobald wir ein Bedürfnis identifiziert haben, ist der nächste logische, korrekte Schritt, jemandem eine Bitte zu stellen, die exakt darauf abzielt, genau jenes Bedürfnis zu erfüllen. Dies greift zu kurz.
Es ist größer als das, die Welt und Situationen sind deutlich komplexer. Wie ist meine aktuelle Situation? Was könnte nötig sein? Du könntest ein dringendes Bedürfnis nach Unterstützung und Entlastung haben, und gleichzeitig ist die andere Person derzeit nicht willens oder in der Lage, dir dies anzubieten.
Ein konkretes Beispiel, um dies zu verdeutlichen:
Du hast mit deinem Partner eine Vereinbarung für die Hausarbeit. Er ist heute dran, den Abwasch zu machen, tut dies aber (zum wiederholten Male) nicht. Du identifizierst dein dringendes Bedürfnis nach Unterstützung. Dir ist aber aus Erfahrung auch klar: Wenn du ihn jetzt bittest: „Du, ich habe ein Bedürfnis nach Unterstützung, kannst du bitte jetzt den Abwasch machen?“, dann wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Diskussion geben und er wird den Abwasch nicht machen.
Wenn du nun als Intention identifizierst, dass du Verbindung und eine Lösung zum Thema „Hausarbeit“ mit deinem Partner haben möchtest, dann lautet die Bitte möglicherweise: „Wärst du bereit, mit mir über unsere Vereinbarung zur Hausarbeit zu sprechen, um herauszufinden, was wir beide brauchen, damit es für uns funktioniert?“ Dies wird dein unmittelbares Bedürfnis nach „Entlastung“ (noch) nicht erfüllen, ist aber vermutlich deutlich erfolgsversprechender.
Erst NACHDEM du all die obigen Schritte durchgeführt hast und dir über deine Intention klar geworden bist, entscheidest du über eine Handlung (dies kann Kommunikation, das Stellen einer Bitte etc. beinhalten, muss es aber nicht), die dann ein deutlich höheres Potential hat, deiner Intention gerecht zu werden und sowohl deine eigenen Bedürfnisse als auch die der potenziell anderen Menschen respektiert.
DAS ist, was für mich elementar „GFK anwenden“ bedeutet:
Es ist in ERSTER Linie ein Bewusstwerdungsprozess, eine innere Arbeit der Selbstverbindung und Selbstklärung, sodass ich an einen klaren, empathischen, selbstverantwortlichen inneren Ort gelange, von dem aus ich kraftvolle und effektive Handlungen wählen kann, die meinen Werten gerecht werden und ein höchstmögliches Potential haben, meine Bedürfnisse und evtl. die der anderen zu erfüllen.
„Kommunikation“ mit anderen erfolgt idealerweise erst, nachdem du all die Schritte mit dir selbst befolgt hast. Von diesem inneren Ort der Verbindung wirst du dann ganz andere Dinge sagen, die klar und verbindend sind, ohne dass du genau auf Schritte, Worte und Struktur achten musst. Dann wird deine Sprache und Kommunikation auch authentisch und natürlich sein, ohne dass andere irritiert sind, wegen eines seltsamen, psychologisch anmutenden und unnatürlichen Sprachstils.
Level 2 – Für Fortgeschrittene
Auch wenn sich all das schon recht anspruchsvoll anhört, und das ist es auch, so ist dies m.E. immer noch „Level 1“ der Selbstverbindung und Selbstverantwortung. Was ich mit „Level 2“ meine, und wo dies dann deutlich über die Werkzeuge der „klassischen“ GFK hinausgeht, möchte ich im Folgenden noch ausführen.
Viele GFK-Übende und auch Lehrende mit viel Erfahrung stellen regelmäßig fest, dass in intensiven, herausfordernden Situationen der Zugriff auf die Fähigkeiten und Werkzeuge der GFK nicht mehr möglich ist.
Wir gehen dann in einen komplett „reaktiven“ Modus über, bei dem es den Anschein macht, dass wir noch nie von der GFK gehört haben. Es erfolgt dann oft eine drastische Überreaktion, die in keinem Verhältnis zum Auslöser steht und wir haben keinen Zugriff mehr auf unsere erlernten Fähigkeiten. Dies ist übrigens m.E. auch die Erklärung dafür, warum auch in Gruppen mit vielen, sehr GFK-erfahrenen Menschen Konflikte regelmäßig eskalieren und völlig verhärten. Dies ist NICHT ein Fehler oder Mangel der GFK. Es ist einfach die Grenze von dem, was uns mit den „Bordmitteln“ der GFK in diesen Situationen möglich ist. Wenn wir uns dann noch impulsiv und reaktiv Gefühle und Bedürfnisse „um die Ohren hauen“, kann es zuweilen schlimmere Konflikte und Distanz geben als ohne GFK.
Diese Überreaktion ist das sicherste Zeichen dafür, dass wir „getriggert“ sind, wie es klassischer Weise genannt wird. Leider wird das Wort „getriggert“ in unseren Kreisen sehr inflationär verwendet, für jede Situation, die mich auf eine unangenehme Art und Weise stimuliert. Das finde ich wenig hilfreich. Ich bin nicht grundsätzlich „getriggert“, nur weil mir gerade etwas missfällt. Getriggert sein bedeutet für mich, dass etwas „Altes“ in mir stimuliert und angesprochen wurde, was mit der aktuellen Situation nichts zu tun hat. Dies sind in aller Regel die alten, meist traumatischen Wunden, die alle von uns in verschiedenen Formen und Intensitäten in uns tragen, die einen mehr, die anderen weniger.
Das ist auch die Erklärung, warum die Reaktionen in diesen Situationen oft so „kindisch“ erscheinen. Weil sie es sind. Das erwachsene „Ich“ ist dann nicht wirklich anwesend, sondern es hat ein junger Anteil das Steuer übernommen. Der Anteil, der in einem, in der Regel kindlichen Alter, eine starke Verletzung erfahren hat, und ein zu diesem Zeitpunkt erlerntes Reaktionsmuster abspult, fast wie ein Tonband, um sich zu schützen.
In dem Maße, wie in der Gesellschaft das Bewusstsein für diese Dynamik gestiegen ist, ist auch die Popularität von allen Themen und Angeboten rund um das Thema „Trauma“ dramatisch gestiegen. Ein Angebot, welches das Wort „Trauma“ oder besser noch „Trauma informiert“ im Titel trägt, ist daher fast schon eine Garantie für Erfolg.
Trauma ist ein ernstes und hoch relevantes Thema und wenn ich sicher bin, oder auch nur die Vermutung habe, deutlich einschränkende Traumata erlitten zu haben, dann ist der Schritt zu einer passenden Therapie sehr sinnvoll und hilfreich. Aus eigener Erfahrung bin ich der Meinung, dass hier ein individuelles Einzelsetting mit einem spezialisierten Therapeuten die beste Chance auf Linderung bietet.
Eine Problematik allerdings, die ich glaube im Rahmen der steigenden Bewusstheit über Traumata erkannt zu haben, ist eine oft ungesunde und sogar entwicklungsblockierende Fixierung auf die eigene Traumatisierung und deren Heilung.
Dies stellt sich oft in Aussagen dar wie:
– Das ist mein Kindheitstrauma, da kann ich nichts machen.
– Das ist wegen XY, das meine Eltern damals mit mir gemacht haben.
– Das ist, weil ich nie die Wertschätzung, Liebe, Sicherheit etc. von meinen Eltern bekommen habe, die ich gebraucht hätte.
– Das muss ich erst noch heilen.
Als erster Schritt bei der Arbeit mit eigenen Traumata ist es natürlich wichtig und wertvoll, erkannt zu haben, dass ich eine Befindlichkeit habe und diese auch benennen und verstehen zu können. So kann ich meine eigenen Reaktionen besser verstehen und kann beginnen, daran zu arbeiten.
Während die oben genannten Aussagen oft zutreffen, ist gleichzeitig vielfach eine Tendenz zu beobachten, diese als Rechtfertigung für problematisches, eigenes Verhalten zu verwenden und damit die Verantwortung abzugeben. Dahinter steht die Idee, für bestimmte, aktuelle Handlungen nicht voll verantwortlich zu sein, denn es ist ja wegen meines Traumas und dafür kann ich nichts.
Dies entspricht nicht meiner Vorstellung von erwachsener Verantwortung. Ich muss als erwachsener, geistig weitgehend gesunder Mensch die Verantwortung für meine Handlungen übernehmen. Verwundet und traumatisiert sind vermutlich 99,9 % der lebenden Menschheit. Dies kann keine Rechtfertigung für schädliches oder gewaltvolles Handeln sein.
Des Weiteren macht es mir sehr stark den Anschein, dass eine vollständige Heilung vorhandener Traumata in vielen, wenn nicht den meisten, Fällen nicht realistisch ist und in einem angemessenen Zeitraum und Aufwand nicht möglich ist.
Ich selbst praktiziere nun seit fast 20 Jahren intensivst GFK, habe in hunderten von Seminartagen hunderte von tiefen Prozessen im Kontakt mit meinen tiefsten Schmerzen, Traumata und Glaubenssätzen erlebt und andere dabei begleitet. Ich habe verschiedene Therapien, Prozesse und Coachings im Einzelsetting absolviert. UND trotz all dem bin ich noch nicht „geheilt“ und trage ein gutes Maß von Traumatisierung in mir, welches mich begleitet und in verschiedensten Situationen beeinflusst und beeinträchtigt.
Ich habe angefangen, meinen Frieden damit zu finden, dass ich vermutlich niemals ganz „geheilt“ sein werde und mich die tiefen Narben der Kindheit den Rest meines Lebens begleiten werden und dass sie auch immer wieder mal Schmerzen verursachen werden.
Ganz wichtig ist mir dabei, auch anzuerkennen, dass all meine Erlebnisse, auch die schmerzlichen, mich maßgeblich geprägt und zu der Person gemacht haben, die ich heute bin. Vieles war ein Anlass für Lernen und Entwicklung und Dinge zu wagen, die ich sonst vielleicht nie in Angriff genommen hätte.
UND was ich besonders feiere: Die Intensität, mit der meine Traumata und Wunden mich beeinträchtigen, hat signifikant nachgelassen. Woran merke ich das?
– Ich bin wesentlich seltener getriggert.
– Wenn es doch passiert, ist die Intensität deutlich niedriger als früher.
– Und ich komme wesentlich schneller als früher zurück zu einem klaren Zustand.
Und dies sind m.E. auch die 3 stärksten Kriterien, an denen du feststellen kannst, ob du in deiner Entwicklung Fortschritte machst.
Bedeutet dies nun, dass wir alle, um innere Fortschritte zu machen und die GFK „anwenden“ zu können, auch eine Traumatherapie, Trauma-Ausbildung, innere Kind Arbeit usw. machen müssen? Ich glaube nicht.
Nochmal: Ich bin Fan von Therapie und stelle deren Nutzen keinesfalls in Frage. UND: Zum einen braucht nicht jede(r) Therapie und auch mit Therapie ist die Wahrscheinlichkeit hoch (wie ich es auch bei mir feststelle), dass ich einen Umgang mit meinen verletzten, kindlichen Anteilen finden muss bzw. will.
Und hier kommt „Level 2“ ins Spiel:
Die gute Nachricht zuerst: „Level 2“ bringt mich mit oder ohne begleitende Therapie voran: Level 2 fängt für mich da an, wo die klassischen „4 Schritte“ der GFK und das Kommunizieren mit Anderen an ihre Grenzen geraten. Ich kann mich noch so oft ärgern und dann meine Gefühle und Bedürfnisse finden und jemandem eine Bitte stellen. Doch wenn ich nicht tiefer hinschaue, erfolgt beim nächsten Mal exakt dieselbe Reaktion und derselbe, unproduktive Ärger.
Hier beginnt die Prozessarbeit:
Damit meine ich eine tiefere, umfangreichere, geführte Arbeit, die über das Identifizieren meiner Gefühle und Bedürfnisse in einer bestimmten Situation deutlich hinausgeht. Diese Arbeit habe ich vor allem in den tiefen Prozessen mit Robert Gonzales kennengelernt, die er in seinem Modell von „Living Compassion“ unter Einbezug der Erkenntnisse der GFK und anderer Modelle entwickelt hat.
Eine umfangreiche Darstellung dieser Prozesse würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Es gibt viele Ähnlichkeiten und Berührungspunkte mit der GFK. Auch hier spielen die Gefühle und vor allem der tiefe Kontakt mit den Bedürfnissen die zentrale Rolle.
Ein deutlicher Unterschied ist die Dauer und Tiefe, mit der wir in solch einem Prozess einen aktuellen Auslöser so tief erforschen und erfühlen, dass wir Kontakt zu den tiefsten Bedürfnissen bekommen, die dem zugrunde liegen. Naturgemäß tauchen hier auch sogenannte „Glaubenssätze“ über uns selbst auf, welche in direkter Verbindung zu alten Wunden und Traumata stehen.
Während diese Prozesse keine Therapie sind oder ersetzen, ist der Übergang doch fließend und die Wirkung oft deutlich „therapeutisch“, sodass durch den tiefen Kontakt zu meinen elementaren Bedürfnissen und der tief empfundenen, alten Trauer, eine deutliche Entspannung in mir eintreten kann.
Die wesentlichsten Fortschritte in meiner eigenen, inneren Arbeit, Persönlichkeitsentwicklung und auch Heilung alter Wunden habe ich über diese Prozesse erfahren. Living Compassion ist selbstverständlich nicht der einzige „Level 2“-Ansatz, der kompatibel mit den Prinzipien der GFK ist und die Grenzen erweitert. Es ist der, den ich am besten kenne und am meisten schätze.
Meine Empfehlung daher an dich, als GFK-Fan und Praktizierende(n): Finde deinen „Level 2“-Ansatz, der dich in der Heilung und Persönlichkeitsentwicklung unterstützt und dir ermöglicht, immer seltener getriggert zu sein und immer öfter deine Werte und die Haltung der GFK zu leben.
Ich freue mich gerade sehr über meine eigene Klarheit, die sich durch das Formulieren dieses Artikels nochmal erhöht hat, und bin sehr neugierig auf deine Resonanz und Rückmeldung. Schreibe deinen Kommentar gerne hier im Blog.
Mit neugierigen Grüßen
Jürgen
P.S.: Wenn du in der GFK schon fortgeschritten bist und dich der Artikel und die Idee von „Living Compassion“ inspiriert, dann ist eine Möglichkeit, dich in dieser Richtung zu entwickeln, unser extra hierfür entwickeltes Jahresprogramm „Voll im Leben – JETZT“, welches im Januar 2025 in die nächste Runde geht. Maximal 20 Menschen werden mit uns auf diese tiefe, innere Reise gehen, ein paar Plätze sind noch frei.
Alles zum Programm hier: https://voll-im-leben.jetzt/
Ein kostenloses Beratungsgespräch mit uns kannst du hier buchen: https://calendly.com/hallo-wtg/voll-im-leben-jetzt-beratungstermin
Hallo Jürgen!
Danke für deine Klarheit und Offenheit, dich diesen Themen in dir zu öffnen und in mir neue Tore innerlich aufzustoßen, die vorher verschlossener waren.
Das Thema Klarheit ist das Thema in mir zur Zeit, dass mich in meiner Entwicklung extrem weiterbringt. Ich übe mich täglich, in jedem Moment in Klarheit: Es ist das Leben im Moment … Gedanken bringen mich eher davon weg, von dem jetzigen Moment. Das Sein im Moment bringt die Ruhe und Gelassenheit, die mein Leben Lebenswert für mich macht. Und wenn ich voll und ganz wahrnehme, spüre ich das pure Leben in seiner vollen Lebendigkeit.
Die GfK hilft mir dabei, wenn ich ins unbewusste abgleite, in meine Reaktionsmuster, über meine Gefühle zu meinen Bedürfnissen zu kommen und mich damit wieder zu recetten. So komme ich aus meinem fremdgesteuerten Modus raus und kann wieder meine Potenziale nutzen und in Verbindung gehen mit den Menschen, die mir begegnen.
Darüber bin in jeder Sekunde glücklich, wenn mir das immer schneller gelingt. Auch wenn es mal nicht so gelingt, lerne ich trotzdem etwas daraus. Dran zu bleiben, weil es sich immer lohnt, auch wenn ich das in dem Moment mal nicht so weiß, manchmal.
Tja, in dem Sinne… herzlichst euer Arnd
Hi Jürgen,
Trauma, mein Thema 🙂 Ich freue mich über Deinen Artikel und habe zu ganz vielem Zustimmung (Du kennst mich ja :-).
Beim Trauma-Thema bin ich nicht sicher, ob wir ähnliches meinen, wenn wir von Trauma sprechen. Oder vielleicht auch andere Ideen von den Dimensionen haben. Trauma ist für mich nicht (mehr) etwas, was nur einige Menschen haben (für die dann Therapie sinnvoll ist). Ich stimme da mehr mit neueren Traumatherapeut:innen überein, die davon ausgehen, dass Entwicklungstrauma / Bindungstrauma verknüpft ist mit transgenerationalem Trauma und davon ausgehen, dass in der Generation der Kriegskinder und Kriegsenkel (zu der ich gehöre), wir eben fast alle als Kinder Entwicklungstrauma erlebt haben. Weil die Generationen vor uns durch den Krieg traumatisiert waren etc.
Ich denke nicht, dass wir alle Traumatherapeut:innen werden müssen. Ich wünsche mir gleichzeitig viel mehr Trauma-Bewusstsein auch in der GFK-Szene. Ich finde es so wichtig, dieses Wissen um Entwicklungstrauma / Nervensystem auch in der GFK-Szene zu verankern.
Weil unser Körper, unser autonomes Nervensystem immer dabei ist. Ich erlebe immer wieder Menschen, die mir sagen \“Dann haben wir uns gestritten und ich konnte nicht empathisch sein, obwohl ich so lange schon GFK übe.” Entweder machen sie sich dann selbst dafür verantwortlich – oder eben “GFK funktioniert nicht”. Situationen von “akuten Triggern” machen etwas mit unserem autonomen Nervensystem, versetzen es in Fight/Flight, Freeze oder Fawning Modus. In all diesen 3 Modi kann ich (in der Akutsituation) nicht empathisch sein, authentischen Selbstausdruck hinkriegen etc. (Möglicherweise haben buddhistische Mönche ihr Nervensystem so unter Kontrolle, dass ihnen auch Tiger begegnen können und es ruhig bleibt – ich kann es nicht).
Da braucht es zuerst Selbstregulation und / oder Co-Regulation, bis mein Nervensystem wieder in dem Bereich ist, in dem es sich sicher und verbunden fühlt. Es ist echt irre, was das alles macht: wir hören menschliche Stimmen schlechter, unsere Stimme klingt anders etc. – und das Nervensystem des Gegenübers reagiert darauf.
“State creates story” sagen die Traumatherapeut:innen dazu.
Wenn wir uns als GFK`ler mit stories beschäftigen, ist das doch eine sehr wichtige Information.
“Konflikt entsteht nie da draußen, Konflikt entsteht immer in mir drin” sagt der Konfliktforscher Daniel auf der Mauer. Weil das eigene Nervensystem etwas nicht mehr halten kann.
Ich erlebe immer wieder Lehrer:innen, Menschen, die mit Kindern arbeiten etc., die mir sagen: \“Das Nervensystem-Wissen war das fehlende Puzzleteil”. Gerade wenn sie GFK in die Schule etc. bringen wollen und damit scheitern. Bei Kindern ist glaube ich noch am offensichtlichstem, was das Nervensystem bewirkt. Eine Schulsozialarbeiterin hat mir letztens erzählt, dass sie oft neben Kindern aus Syrien oder der Ukraine sitzt und sie nur co-reguliert. Weil das das einzige ist, was wirklich hilft. Dann – im regulierten Zustand – geht denken und sprechen (auch GFK) wieder.
Ich kenne Situationen, in denen ich so getriggert bin, dass ich sofort wieder in “altem Schmerz” (oder Wut) lande. Und in der Situation bin ich nicht mehr in der Lage, irgendetwas mit Gedanken zu navigieren. Alles kognitive (sprechen, denken ..) funktioniert nicht. “Dann rollt der D-Zug an” sagen mir Klient:innen zu diesem Zustand.
Ich bin so froh, dass ich inzwischen dann weiß “ah, ich bin dysreguliert”, dass ich meinem Gegenüber sagen kann, dass ich gerade dysreguliert bin und wir beide wissen, dass reden jetzt nichts nützt. Und ich weiß, wie ich mich wieder selbst regulieren kann. Selbstregulation geht über den Körper, direkt aufs Nervensystem. Bottom up, nicht top-down.
Das Wissen darum wünsche ich mir auch in der GFK-Szene. Für die Selbstverantwortung. Um fein unterscheiden zu können “bin ich jetzt entspannt oder geht das schon ins eingefroren sein”? “Bin ich gerade in der Schwere?”, im Fawning? Nebel im Kopf?
Ich persönlich bin sehr dankbar für das Trauma- und Nervensystem Wissen. Mir hilft es u.a. bei dem “praktischen wie”?
“Wie genau kann ich Gefühle in meinem Körper containen, wenn sie mich überwältigen”?
“Wie genau lasse ich mich nicht in den “Trauma-Sog” (Schmerz etc.) ziehen, sondern bleibe im bezeugen”?
“Wie bleibe ich präsent / verkörpert”?
Ich erlebe, dass Traumatherapeut:innen, Trauma-Forschende, spirituelle Ansätze und GFK viele Gemeinsamkeiten haben. Es gibt ein Interview mit Dami Charf und einem Virpassana Lehrer, was das z.T. verdeutlicht. Gabor Mate (ein Traumaforscher) und Peter Levine haben spirituelle Ansätze.
Was ich bei allen finde, ist:
– die Idee, Raum zu haben. Nicht an die eigenen Geschichten zu glauben. Sich selbst bezeugen zu können. Nicht identifiziert sein, Raum haben, Zeuge sein.
Nicht rein gehen (bei Trauma ganz wichtig!).
– die Idee, dass es etwas Größeres gibt (etwas unversehrtes) in jedem Menschen / Bewusstsein
– Präsenz, Selbst-Mitgefühl und Mitgefühl als wichtige Heilungsgrundlage
Liebe Grüße
Diane
Lieber Jürgen, du sprichst mir mit vielen Worten und Klarheiten aus der Seele. Danke dafür.
Ich bin hier und da zu ähnlichen Schlußfolgerungen gekommen, hab es vielleicht nur etwas anders ausgedrückt.
Zitat von dir: Eine Formulierung, die ich mag, ist: Es ist eine Praxis, die es dir ermöglicht, von einem Zustand der „unbewussten Reaktion“ zu einem Zustand der „bewussten Antwort“ zu kommen. (Danke an Gregg Kendrick, der es so formuliert hat: „from unconscious reaction to conscious response“)
Aus meiner Sicht ein zentralen Punkt !
Und dann ist mir zum „Trauma“ Danaan Parry (Krieger des Herzens: eine Schulung zur friedlichen Konfliktlösung ), der leider schon gegangen ist, in den Sinn gekommen. Er sprach u.a. von der „sacred wound“ (der heiligen Wunde), die in der Tiefe in jedem Menschen darin besteht, dass wir „hier“ hineingeboren werden, was großen Schmerz bedeutet. Es macht keinen Sinn, diese Wunde zu verleugnen oder loswerden zu wollen. Im Gegenteil, sie ist die Quelle unserer Inspiration, Kreativität und Sinnfindung und in dem Sinne auch Heilung. Wir brauchen sie.
Herzliche Grüße aus Bayern, Ingrid
Danke lieber Jürgen genau das habe ich gerade gebraucht….ich habe so viel mehr Klarheit durch diese Worte heute in mir, dass ich den Weg, den ich gehen muss deutlicher sehe und die Herausforderung dabei, besser trotz Komplexität einschätzen kann. Besonders wichtig ist mir heute dadurch geworden, mit dem Thema \“Intention meiner Kommunikation und meines Handelns\“ sowie das Thema Pausieren und das Worten, um die reelle Verbindung zu mir. herzustellen.
Vielen Dank dafür vom Herzen
Lieber Jürgen,
ich bin erfüllt von Dankbarkeit und Wärme über deinen Artikel.
Dankbar dafür, dass ich als inzwischen seit 13 Jahren intensiv GFK-Forschende urplötzlich noch mehr Klarheit (und Weite 😉 bzgl. meiner selbst habe. Auch spüre ich so etwas wie Befreiung (=innerer Ritterschlag) bzgl. meiner Baustellen. Dein Erfahrungsbericht bringt mich mehr in Frieden mit meinen Wunden, spüre ich. Diese Annahme und Akzeptanz, dass manches nie ganz heilen wird, und ich lediglich in meinem Tempo immer weiter einen individuellen erwachseneren Umgang mit meiner Reaktion auf „Trigger“ entwickle, löst Gefühle von Erleichterung, Frieden und Ruhe in mir aus. Und gleichzeitig spüre ich eine zärtliche Wärme zu dir hin fließen ob deiner Offenheit. Eine Eigenschaft, welche ich an dir schätze, seit ich dich vor (ca.) 8 Jahren zum ersten Mal traf. Danke ❤️!
Herzliche verbundene Grüße aus dem Norden, Sabine
(für die die GFK über die Jahre etwas sehr Ähnliches geworden ist wie du es beschreibst)
Lieber Jürgen ,
ich bin sehr dankbar für diesen Artikel und tief beeindruckt über deine wertvollen Erkenntnissen ! Ich bin seit Längerem im GFK- Club und war ehrlich gesagt, anfangs skeptisch ob das etwas für mich ist, weil ich als Traumatherapeutin genau das für mich erkannt habe, was du in deinem Artikel ansprichst: nämlich, dass es nicht immer die „ richtige „ Kommunikation ist, die zu Verbundenheit führt, sondern dass hinter unseren Bedürfnissen existenzielle alte Traumata stecken können, die einer tieferen Erforschung und Aufmerksamkeit bedürfen. Ich fühle mich als selbst auch Betroffene von Bindungstrauma sehr abgeholt und verstanden von dir und bin froh und dankbar, euch gefunden zu haben ! Ich freue mich aufs Sommerfestival !