Aufgewühlt …

Ich bin aufgewühlt. In Aufruhr. Stehe mitten im Sturm, halte die Hände über den Kopf, um mich zu schützen.
Aufgewühlt….
….wie die See nach einem Sturm, ein Sturm, der die großen Muscheln anschwemmt, Steinbrocken und jede Menge Treibholz, der Schiffe zum Kentern bringt. Der Sturm ist vorüber, doch der Wind bläst noch rau und kalt. Die Gischt schäumt, die Wellen überschlagen sich, toben noch, tosen….
Aufgewühlt…
Unruhe, Wut, Zorn, Hass…
Trauer, Sehnsucht…
der tiefe Wunsch nach Vertrauen und Verbindung…..
Der Horizont…
Wo ist der Horizont? Schau auf den Horizont! Nicht auf die Wellen….
Der Horizont…..
Ja, da ist er, ich sehe ihn.
Der Horizont.
Weit da hinten. Unbestechlich steht er da. Eine gerade Linie. Ganz ruhig, unbewegt. Unbeeindruckt vom Sturm. Steht einfach da.
Ich blicke auf den Horizont….
Die Wellen sind noch da, das Tosen; doch es wird ruhiger. Am Horizont ist es ruhig. Wie von einem Magnet angezogen, schweift der Blick in die Ferne….
…ruht am Horizont.
Die tosenden Wellen sind nur noch kleine Rabauken, die sich streiten. Wenn ich den Blick von Horizont abwende und nun auf die Wellen schaue, kommen sie mir klein vor. Doch schnell werden sie mir wieder zu unruhig.
Ich schaue wieder auf den Horizont.
Ruhe kehrt ein.
Ruhe, Weite…
Es ist, als ob das große Ganze in den Blick gerät. Das Getöse wird ein Rauschen. Ich kann die Möwen wieder hören. Die Wellen toben noch immer – ich lasse sie sich austoben
– und schaue auf den Horizont.
Da erscheint ein roter Schimmer im Grau. Die Sonne beginnt unter zu gehen. Der graue Winterhimmel färbt sich rot, die Luft wird kühler, der Wind lässt nach.
Die Wellen werden schwächer und schwächer.
Bald schwappen sie nur noch…..die Ausläufer des Sturmes sind vorbei.
Der Horizont wusste scheinbar die ganze Zeit, dass es vorüber gehen wird. Er stand geduldig über allem, mit einem milden Lächeln. Danke. Danke!
Auch in mir ist es etwas ruhiger geworden. Ich kann den Horizont wieder sehen; die Wellen rollen rhythmisch an Land.
Mich fröstelt, es wird kühl. Der Sturm ist verzogen.
– Der Horizont bleibt.
Unbestechlich.
Selbst in der Dämmerung ist er klar zu sehen.
Ein neuer Tag wird kommen, vielleicht ein neuer Sturm.
Der Horizont – bleibt.
Liebe Iris,
Deine Nachricht hat mich sehr berührt oder sollte ich eher schreiben, völlig umgehauen- mir geht es gerade auch so: Es ist einfach alles zuviel. Ich sitze in unserem Seminar zum Thema Glaubenssätze und meine eigenen Refkexionsfragen haben mich „ausgeknockt“. Dein Teilen hat mich Verbindung fühlen lassen, dass ich nicht alleine bin- danke für deine Offenheit!
Hmmm, wie schön, dass du Verbindung und dich weniger alleine fühlst :-). „Ausgenockt“ fühlt sich sicher erstmal nicht gut an – zumal in einer aktiven Seminarrolle. Gleichzeitig schmunzele ich gerade darüber, dass dich deine eigenen Reflexionsfragen „erreicht“ haben. Ist es nicht toll, dass wir uns durch unsere Arbeit immer wieder selbst an das erinnern, was uns wichtig ist? Zumindest geht es mir so. Es hält mich wach. Und: ich sehe dich! Wenn es einen „live“ vor einer Gruppe „erwischt“ braucht es nochmal extra viel Kapazität, das gut zu navigieren. Ich wünsche dir viel Kraft damit und hoffe, dass du den Raum sowohl für die Gruppe, als auch für dich gut halten kannst. Und auch wenn die Glaubenssätze etwas anders sagen: Selbst wenn wir es nicht gut navigieren können geht die Welt nicht unter. Alles Liebe!
Liebe Iris,
mit deinem Gedicht sprichst du mir aus der Seele. Ich finde es wunderbar, außerordentlich und inspirierend. Ich genieße deine Texte sehr und und freue mich immer, von dir zu hören. Ich kann mich Sigrid mit ihrem Text nur anschließen.
Ich danke dir sehr fürs Teilen und wünsche dir, dass du dir Zeit und Raum nimmst, um zu dir zu kommen, immer wieder inneren Abstand zu den \“kleinen Steinen im Glas\“ bekommst und gleichzeitig anpackende Unterstützung erfährst, um den To do-Berg abschmelzen zu lassen.
Ja…. das wünsche ich mir auch für mich selbst… anpackende Unterstützung… das finde ich persönlich auf der ganz praktischen Seite oft verdammt schwierig: selbst wenn es willige Menschen zur Unterstützung gibt, können sie einem oft die Dinge, die man am allerliebsten los wäre, nicht so einfach abnehmen.
Und du sprichst mir aus der Seele: während ich schon so viele Menschen unterstützt habe, ins Leben zu kommen, in ihren Alltag Inseln der Leichtigkeit zu bringen und ihnen zusehen darf, wie sich ihr Leben ordnet, ist meine eigene To-do Liste mal wieder dreistellig und die Papierberge in meinem Büro stapeln sich zu einem kleinen Nanga Parbat. Es überwältigt mich nicht… auch ich kann innere und äußere Ressourcen anzapfen. Ja, und es ist mal wieder Zeit, um Hilfe zu bitten. Ich danke dir für deine Inspiration!
Liebe Claudia, ja „anpackende Unterstützung“, das ist ein guter Begriff. Neben der emotionalen und empathischen Unterstützung ist das tatsächlich auch ein wesentliches Element. Das braucht es nochmal andere Kontakte und Fähigkeiten, die zu delegieren. Ich freue mich, dass wir gemeinsam auf dem Weg des Lernens sind. Das finde ich besonders spannend: die Arbeit, die wir tun eben auch in den Alltag zu integrieren. Im Seminar, in der Meditation und im geschützten Rahmen präsent zu werden, zu sein und zu bleiben ist das eine. Es auch im tagtäglichen Trubel mehr und mehr zu SEIN ist next level ;-). DANKE!
Liebe Iris,
ein sehr schönes Gedicht, danke!
Und ja, du bist nicht allein. Den Zustand kenne ich sehr gut. (Ich habe ein Lied, was mich darin schon sehr gut begleitet hat. Falls dich der christliche Bezug nicht stört, höre es dir gern an, vielleicht gefällt es dur ja auch: https://youtu.be/6GGFb6LcX3U?si=jJ84o16WwV3ibF4D)
Wünsche dir, dass du weiterhin Kraft und innere Ruhe findest.
Du bist nicht allein. Es geht vorbei. Alles wird gut.
Danke Christine! Ja, wir sind alle nicht allein. Das vergessen wir leider so oft. „We walk each other home“ 🙂
Liebe Iris, das ist großartig, einfach sehr berührend und hilfreich. Danke dir sehr dafür.
Hast du schon einmal überlegt, evtl „nur“ noch zu schreiben? Ich sehe das ganz großes Potential. Durch deine Arbeit hast du ganz bestimmt einen reichen Schatz von bezaubernden Geschichten und hilfreichen Erfahrungen in dir gesammelt, die vielleicht darauf warten, um in die Welt getragen und mit vielen suchenden Menschen geteilt zu werden?!?
Alles Liebe auf deinem weiteren Weg
Danke für die Rückmeldung, Sigrid! Ich schreibe tatsächlich mehr, als ich veröffentliche und würde auch gerne mehr schreiben. Leider fehlt zu oft vermeintlich die Zeit… Ich freue mich sehr, dass der Text dich und andere berührt hat.