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Weltschmerz & Wirksamkeit

Geschrieben von Oliver Borgmann am .
Vor zwei Tagen hat es mich wieder erwischt, meine Frau Nicola und ich freuten uns auf einen Abend mit Leichtigkeit und Entspannung. Also – ab mit  dem Laptop auf die Couch, Mediathek an und schauen was es neues an Satire-Sendungen gibt. Wir entscheiden uns für die aktuelle Folge der „Anstalt„. Wie so oft, bekommt man was man braucht, aber nicht unbedingt was man will. Ich weiß, dass Weltschmerz nicht auf der Gefühlsliste steht und bisher habe ich mich auch dagegen gewehrt, dass es so etwas gibt. Ich dachte immer – das betrifft mich ja gar nicht, warum macht es mich so traurig? Und gleichzeitig erlebe ich es immer wieder, dass auch Situationen, die mich nicht unmittelbar betreffen, einen sehr tiefen Schmerz in mir auslösen.

Es ist für mich unersträglich schmerzhaft zu sehen, was Frauen im Iran erleben müssen und welchen Anteil das Land in dem ich lebe, daran hat. Wen das auch interessiert, dem empfehle ich nochmal die Folge der Anstalt. Und jetzt merke ich, dass mit diesem „Weltschmerz“ – wenn ich damit im Kontakt bin – oft eine Hilflosigkeit und Ohnmacht einhergeht, weil ich nicht weiß was ich tun kann. Es erscheint mir so groß und so komplex und so unveränderbar – und so schmerzhaft. Das ist ziemlich unangenehm und gleichzeitig auch irgendwie gut, es zu spüren. Mal wieder an diesen Ort gegangen zu sein.

Und wenn ich genauer hinschaue, hat es natürlich etwas mit mir zu tun. Zwei Menschen, die ich sehr liebe – sind Frauen. Eine davon (meine Tochter) wächst gerade auf in dieser Welt und wenn ich sehe, was Frauen erleben müssen dann habe ich einfach Angst, dass es ihr auch so ergehen wird. Ich möchte, dass sie sich frei entwickeln kann, ihr volles Potenzial entfalten kann – unabhängig von ihrem Geschlecht. Und natürlich spielt da auch mein eigener Schmerz mit rein, meine eigenen Erfahrungen mit Einschränkungen, Zurückweisungen und Urteilen als ich unschuldig und im Vertrauen diese Welt erforscht habe.

Ich wünsche mir einfach so sehr, dass alle Menschen selbstbestimmt, frei und gleichwertig aufwachsen können.

Auch wenn der Schritt dorthin klein aussehen mag – es ist ein Schritt und ich bin den Macher:innen der Anstalt sehr dankbar für diesen kleinen Beitrag, den ich leisten kann. Es bringt mich raus aus meiner Ohnmacht.

Du kannst mit einem Klick Iraner:innen und anderen Menschen auf der Welt helfen, Zensur zu umgehen – und vielleicht bringt es auch dich ein wenig mehr in die Wirksamkeit.

Und ich lade dich auch ein, diese Ohnmacht, diese Hilflosigkeit und diesen Schmerz zu spüren. Denn während ich dieses Thema im Laufe dieses Textes prozessiere, merke ich – dass ich NICHT hilflos bin. Ich kann darauf aufmerksam machen, ich kann mich positionieren – sagen, was mir wichtig ist. Und ich hätte das nicht in der Deutlichkeit getan, wenn ich nicht diesen Schmerz gespürt hätte.

Wie geht es dir mit „Weltschmerz“? Kennst du das? Wie gehst du damit um? Wie kommst du von dot in die Wirksamkeit? Ich freue mich, von dir zu lesen.
Oliver

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