Ich war auch mal Bassist…
Iris und ich sind seit Wochen mal wieder vom „Aufräum-“ und „Ausmist“ Virus befallen, passt ja gut zum Beginn eines neuen Jahres.
Ich hatte kürzlich in einer Dyade die Einsicht, dass „Weniger mehr ist“, in dem Sinne, dass ich um so weniger Energie verbrauche, je weniger „Dinge“ ich besitze. Und zwar weniger Energie in jeder From von Kraft, Aufwand, Geld, Denkzeit, Platz etc. – Plötzlich war das sehr klar vor mir: ALLES was ich habe (auch die nicht materiellen Dinge) braucht eine Form von Energie. Es nimmt Raum ein, ich muss mich darum kümmern, u.s.w., u.w.s. Also: Weniger Dinge = Weniger Energieverbrauch. Easy!
Das hat direkt einen weiteren Schub produziert, darüber nachzudenken, was ich denn noch loslassen und weggeben könnte, mit einem Ergebnis, das selbst mich überrascht und beeindruckt hat:
In meiner Jugend, vor rund 35 Jahren habe ich die Leidenschaft am Bass spielen entdeckt. Viel Zeit und vor allem Geld floss in dieses Hobby, riesige Boxentürme mit mächtigen Verstärkern und natürlich ein edles Instrument musste her. „Le Fay“ war der Edelbass meiner Träume, den ich mir dann für großes Geld leistete. Persönlich beim Lea-Fay Inhaber bestellt, ganz nach meinen Vorgaben und Wünschen, speziell für mich gebaut! 10 Jahre durfte ich in einer Funk- & Soulband den Bass mit dem dicken Daumen spielen, ein Traum.
Die Band löste sich auf so dass der Bass die letzten ca. 15 Jahre unbenutzt auf mich wartete. Wie lange würde er noch warten? Er hing sogar an der Wand, starrte mich täglich an, und schien zu fragen: „Wann spielst du wieder Bass??!“. Egal. Den Bass wegzugeben, DEN Bass, war ein bis dato undenkbarer Gedanke. Keine in meiner Welt vorkommende Option.
NIE hätte ich es für möglich gehalten, dass ich mich von „meinem Bass“ trenne. Noch weniger hätte ich gedacht, dass ich mich von der Identität: „Ich bin Bassist“ verabschieden könnte. Ich spielte doch Bass, hatte ein teures Instrument, war mal in einer Band. Irgendwann würde ich es wieder tun. Wann auch immer….
Aber was soll das? Nach wie vielen Jahren ist diese Identität abgelaufen? Wie lange kann oder soll ich mir erzählen, dass „ich Bassist bin“, während ich nicht Bass spiele? Was macht dieser alte Ballast mit mir? Ich stelle fest: Mindestens ebenso herausfordernd wie mich von meinem geliebten Instrument zu trennen, ist es mich von dieser Identität, diesem Selbstbild zu trennen. „Ich bin…..“. Sehr spannend überhaupt dieses „Ich bin….“.
Das letzte Mal als ich mich von solch einer Identität getrennt habe, war als ich nach 10 Jahren des Vegetarismus (Ich BIN Vegetarier – ein ziemlich militanter noch dazu…) wieder anfing Fleisch zu essen. Das war ein herausfordernder Prozess. Und besonders erhellend und unbequem waren dabei meine Gedanken: Oh, wie erkläre ich das meinen Freunden und Bekannten? Ich BIN doch Vegetarier. Und hatte diese Identität auch sehr offensiv bis provokativ vor mir her getragen… Was werden die Leute denken…?
Mit dem Bass ging es dann plötzlich ganz schnell. Als ich mich mit der Idee angefreundet hatte, das Instrument nebst Identität los zu lassen, kam die Energie: Jetzt musste es schnell gehen! Fotos gemacht, das Instrument inseriert und noch am selben Tag meldete sich ein Käufer. Die tolle Nachricht: Ein viertel Jahrhundert später konnte ich das Instrument für über das doppelte des damaligen Anschaffungspreises verkaufen. Whow! Ich wusste nicht, wie viel ungenutzte Energie in Form von Geld da 10 Jahre an meiner Wand hingen. Ich war doppelt entzückt. Loslassen macht Spaß und bringt auch noch Geld…. 🙂
Am meisten an der Erfahrung berührt und beschäftigt mich das Loslassen der Identität, der „Idee“ in meinem Kopf, dass ich eines Tages wieder Bass spielen würde. Und all den zugehörigen Folgen: Dem Raum, den das Instrument und Zubehör all die Jahre einnahm. Aber noch viel mehr, den Raum, den die Idee, man könnte fast sagen: Der Glaubenssatz, in meinem Kopf einnahm: Eines Tages tue ich das wieder… Eines Tages…
Das macht etwas und das nimmt ganz klar Raum und Energie in mir ein. Energie die anderswo fehlt, die ich auf Dinge verwenden kann, die mir tatsächlich und HEUTE wichtig sind! Was ist mir eigentlich heute wichtig? Ich möchte weniger Zeit mit der Arbeit verbringen! Mehr Zeit für mich, für Iris und für Freunde, einfach für Lebensfreude und „da sein“, ohne besonderes Ziel oder Inhalt…
Was ist dir gerade heute wichtig?
Und was könntest du vielleicht loslassen, was Raum und Energie in dir einnimmt, die du anderswo besser verwenden könntest?
Ich freue mich sehr auf Rückmeldungen und Austausch hier im Blog 😇
Beschwingte Grüße
Jürgen
Und das allerschönste daran: Der Bass wird wieder egspielt. Er freut sich, dass er wieder gestreichelt wird und nicht mehr nur an der Wand hängt und angestart wird. Vielen Dank für diesen Blogbeitrag,d er auch mich in einem passenden Moment erwicht.. wievile identitäten darf ich gerade aufgeben. Ich werde mich heute Abend und in den kommenden Tagen auch damit auseinander setzen! Danke dir Jürgen!
Ich wünsch‘ dir ganz viel Freude beim Identitäten Ablegen….
Dieser Blogbeitrag erwischt mich gerade in einer Phase, in der ich auch eine Identität aufgebe und damit hoffentlich ganz viel Energie zurück gewinne. Energie die ich in den letzten Jahren verbraucht habe, indem ich eben ganz viel über meine Identität, meinen „Sinn“ nachgedacht habe und immer mehr Widerstände aufgebaut habe gegenüber dem was ich (vielleicht niemals richtig) „war“. Lange rede kurzer Sinn: ich bin nur noch zwei Wochen lang Informatikerin (was ich ca 20 Jahre lang war), danach werde ich Erzieherin im Kindergarten!
Whow! Das ist mal ein RICHTIG großer Identitäts-Wechsel. Toll, ich wünsche dir ganz viel Freude und Erfüllung und neue Erfahrungen bei diesem Neuanfang!
Antje ( GFK- DIENSTAGS-Club)
Danke für die tolle Anregung!
Ich arbeite seit 15 Tagen mit dem Aufräum- und Ausmist- Progamm:
“ 20 Minuten schaffe ich“ .
Das bedeutet für mich, ich räume/ miste jeden Tag mindestens 20 Minuten auf/aus. Falls ich an einem Tag 40 Minuten schaffe, sind das 2 Einheiten und ich habe einen anderen Tag frei.
Ich spüre auch , dass ich durch das Ausmisten mehr Klarheit im Kopf,
Kreativität und Lust auf Neues habe. Das tut sooo gut! Mein Selbstwertgefühl steigt, Selbstwertschätzung, Selbstrespekt… Aber gerade ließ meine Motivation nach. Jetzt ist sie wieder da und nach dem Lesen von Eurer „Aktion“ werde ich gleich die nächste „Ausmist- Einheit“ starten.
Danke für Euren „Aufräum- und Ausmist – Bericht“ !!!
Kann ich voll bestätigen, ich bekomme auch immer einen starken Energie- und Inspirationsschub vom Ausmisten, das geniesse ich. Bei mir war es damals das Buch „Feng Shui gegen das Gerümpel“ von Karen Kingston, welches den ersten „Ausmist-Schub“ produziert hat….
Besonders spannend finde ich die Idee, nicht einfach nur auszumisten, sondern den Fokus darauf zu legen: Was möchte ich behalten? Was macht mich glücklich? Im Endeffekt, sortiere ich also die Dinge aus, die mich glücklich machen, gebe ihnen einen besonderen Platz und der ganze Rest kann weg.
Eine ähnliche Erfahrung habe ich letztes Jahr gemacht: ich habe alle meine Tangoschuhe verkauft, ein gutes Dutzend. Meine Knie haben irgendwann bei Drehungen geschmerzt, da habe ich mich vom Tango Argentino gänzlich verabschiedet. Erst war ein wenig Wehmut dabei nach so vielen Jahren des Tanzens. Aber dann habe ich nur noch eine große Dankbarkeit gespürt für diese wunderbare Zeit voller intensiver Gefühle. Nun freue ich mich, dass andere Frauen in meinen Schuhen tanzen 🙂
was für ein wundervolles Bild: „…..dass andere Frauen in meinen Schuhen tanzen….“ ❤️
In meinem Leben und zur Zeit, nimmt mein Arbeitsplatz sehr viel Raum und Energie ein. Da ich schon 30 Jahre an diesem Ort verbringe, haben sich dort und zuhause viel Material, das mich all die Jahre begleitet hat, angesammelt. Diese Schätze möchte ich dieses Jahr aussortieren, da ich Ende des Jahres in Rente gehe. Was möchte ich davon behalten, was kann ich verschenken, weitergeben? Besonders leicht wird es mir fallen auf Whats App Gruppen, Überstunden und Veranstaltungen zu verzichten. Bei den materiellen Dingen wird es schwieriger. Selbstbestimmt zu sein, sich frei zu fühlen, mal sehen, was es mit mir macht. Das wird eine Herausforderung mich, mein Leben neu auszurichten. Ich fühle mich bei dem Gedanken gut. Ich habe eine starke Partnerschaft, die Familie und gute Freunde.
Whow, wie inspirierend und was für ein Neuanfang nach 30 Jahren! Ich wünsch‘ dir ganz viel Kreativität und neue Dinge, die sich in dem entstehenden Raum für dich entwickeln können…. 🙂