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Warum es uns schwer fällt Klarheit zu schaffen. Und was das mit schmutzigen Fenstern zu tun hat.

Geschrieben von Oliver Borgmann am .


Klarheit schaffen: Klar und deutlich sagen, was mir wichtig ist. Deutlich sein in meinem Selbstausdruck. Mutig zu mir und meiner Sichtweise stehen – das fühlt sich richtig gut und kraftvoll an. Doch warum fällt mir das oft so schwer und wie könnte es mir leichter fallen? Diese Fragen habe ich mir gestellt, als ich mich in den letzten Tage mit dem Bedürfnis nach KLARHEIT beschäftigt habe. Joachim Berggren interviewte mich für sein Projekt „The needs year„, in dem jede Woche ein anderes Bedürfnis beleuchtet wird.

Klarheit ist wie ein sauberes Fenster, durch das ich blicke. Ich sehe, was dahinter ist – ob es mir gefällt oder nicht.

Mir gefällt diese Metapher, denn sie zeigt das Wesen von Klarheit. Klarheit ist nur die Fensterscheibe, die sauber gemacht wird – sie gibt die Sicht frei auf das, was dahinter liegt. Wenn die Scheibe undurchsichtig ist, sehe ich nicht, was dahinter liegt. Wenn ich es sehe, dann geht es weiter – dann kann (und muss) ich mich damit auseinandersetzen. Sie ist also wie ein Katalysator, sie transformiert, sie bringt Sachen in Bewegung, weil sie Dinge sichtbar macht. Das, was ich dann sehe, kann angenehm oder unangenehm sein. Ich werde es erst wissen, wenn ich es sehe. Das ist die Kraft der Klarheit.

Ich hasse Fensterputzen und ich liebe saubere Fenster.

Warum fällt es mir jetzt so schwer, einfach das Fenster zu putzen und zu zeigen: Schau – so sieht es bei mir aus! Ich kann ja mal anfangen: Angst davor, den anderen zu verletzen, abgelehnt zu werden, in Konflikt zu geraten, verurteilt zu werden, verlassen zu werden, alleine und einsam zu sein. Das sind alles nachvollziehbare und wichtige Gründe und Sorgen. Allerdings glaube ich, dass es hauptsächlich um ein Thema geht. Ich war überrascht, dass dieses Thema wieder auftaucht, ich hatte mich schon im Beitrag zum Thema „Angst“ damit beschäftigt.

Der Verstand hält es nicht aus, wenn etwas ungewiss ist und versucht es auf jeden Fall zu vermeiden.

Gut, das ist jetzt etwas paradox – aber so ist sie Welt nun mal 🙂 Mein Verstand ist ein wunderbares Instrument, er hilft mir die Welt zu verstehen. Er ist immerzu auf der Suche nach Sinn, versucht alles zu erklären und in einen logischen Zusammenhang zu setzen. Das ist sehr hilfreich und essenziell für mein Leben! (Mein Verstand freut sich gerade, dass er gesehen wird ;-))

Und gleichzeitig führt es dazu, dass er sich lieber das schmutzige Fenster ansieht, anstatt es sauber zu machen. Warum? Weil er nicht weiß, wie es dahinter aussieht. Das schmutzige Fenster ist bekannt – alles was dahinter liegt ist unbekannt – es macht Angst. Ich kann nicht wissen, ob und welche meiner Ängste eintreten werden. Das paradoxe ist – gerade durch das Schaffen von Klarheit wäre diese Unsicherheit ja weg – ich wüsste womit ich umgehen müsste. Aber zumindest mein Verstand schaut sich lieber das schmutzige Fenster an, oder steckt wie ein Vogelstrauß den Kopf in den Sand und sagt „Schmutziges Fenster? Ich sehe keins!“

Ein möglicher Ausweg: Mir vorstellen, was hinter dem sauberen Fenster sein könnte

Wir Menschen haben (meines Wissens als einzige Lebewesen) die Fähigkeit, uns Dinge vorzustellen – die überhaupt nicht real sind. Das ist Fluch und Segen zugleich und in diesem Fall können wir es nutzen. Ich stelle mir ganz konkret vor, was passieren könnte. Ich stelle mich dieser diffusen Angst von Ablehnung, Konflikt, Einsamkeit usw. Ich beschreibe es ganz konkret: „Mein Gegenüber könnte sich furchtbar ärgern und laut werden, warum ich das nicht früher gesagt habe. Vielleicht gäbe es eine Zeit lang Funkstille und wir würden nicht reden. Vielleicht würde er die Beziehung zu mir abbrechen.“ Das ist sicher nichts, was sich gut anfühlt – es würde mich traurig machen. Und gleichzeitig weiß ich, ich könnte damit umgehen. Ich kenne solche Situationen und ich habe sie überlebt, ich habe Ressourcen. Ich könnte sogar Maßnahmen treffen für den Fall, dass es wirklich so kommt. Worum es hierbei für mich geht ist, der diffusen Angst ihren Schrecken zu nehmen, indem ich sie konkret mache. Indem ich mit dem Licht der Klarheit gedanklich durch das schmutzige Fenster leuchte. So lange, bis mein Verstand sich beruhigt und sagt – okay, damit können wir umgehen. Jetzt lass uns endlich dieses Fenster putzen!

Und wer weiß, vielleicht liegt hinter diesem Fenster auch ein atemberaubendes Panorama, von dem ich nie erfahren würde, wenn ich nicht das Fenster putze.

In diesem Sinne, schnapp dir einen Eimer Wasser und einen Lappen.
Los geht’s, viel Freude und maximale Klarheit wünscht dir,

Oliver

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